Der Einsatz von Bisphosphonaten zur Prävention von Knochenmetastasen ist in den letzten Jahren
kontrovers diskutiert worden. "Ursächlich für die divergenten Studienergebnisse waren die großen
Unterschiede im Design der einzelnen Studien", sagte Profe. Ingo Diel, Mannheim, und fügte hinzu:
"Osteoprotektive Substanzen beeinflussen von Anfang an auch das Tumorgeschehen selbst, ihr
Einfluss auf den Knochenstoffwechsel zählt von Anfang an". Schon 1998 hatte eine Studie
von Diel zur Prophylaxe von ossären Metastasen beim Mammakarzinom mit Clodronat gezeigt,
dass die adjuvante Gabe des oralen Bisphosphonats das Auftreten von Metastasten reduzierte
und auch das Überleben verbesserte (Diel IJ et al. N Eng J Med 1998;339:357-363). Sogar
nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 97 Monaten waren noch deutliche Vorteile
beim Gesamtüberleben sichtbar (Diel IJ et al. Ann Oncol 2008;19:2007-2011).
"Durch die adjuvante Gabe von Bisphosphonaten kann man den Boden unfruchtbar machen für
ein späteres Wachstum von Sleeper-Tumorzellen im Knochenmark", erläuterte Diel die
derzeitigen Erkenntnisse. Auch der adjuvante Einsatz von Zoledronat wurde bereits in
mehreren Studien untersucht. "Betrachtet man die Studien ABCSG 12, ZO-FAST und AZURE,
sind auch hier die Ergebnisse uneinheitlich", fasste Diel zusammen. "Die Vorteile einer
prophylaktischen Behandlung mit Zoledronat zeigen sich insgesamt v.a. in einer Reduktion
von Lokalrezidiven und kontralateralen Tumoren". Die weltweit größte bisher publizierte
Studie zur Prävention von Knochenmetastasen konnte dagegen demonstrieren, dass orales
Clodronat sowohl die Häufigkeit von ossären Metastasen bei Mammakarzinompatientinnen
im Stadium II und III als auch deren Mortalität reduzierte
(Powles T et al. J Clin Oncol 2002;20:3219-3224; Powles T et al. Breast Cancer Res 2006;8(2):R13).
Aktuelle Meta-Analysen bestätigen Metastasenreduktion und Überlebenszeitverlängerung
"Eine derzeit laufende, noch nicht publizierte vorläufige Meta-Analyse der EBCTCG-Studie
von Powell und drei weiterer Studien mit oralem Clodronat zeigt eine signifikante Reduktion
von ossären und nicht-ossären Metastasen", berichtete Diel weiter und verwies außerdem auf
eine Meta-Analyse von Zhu et al., die sowohl bezüglich der Reduktion von Metastasten als auch
bezüglich einer Verlängerung der Überlebenszeit signifikante Vorteile für Clodronat-behandelte
Patientinnen nachweisen konnte (Zhu J et al. Eur J Cancer 2013;49:2086-2092).
"Die prophylaktische Behandlung mit oralem Clodronat erweist sich als ausgesprochen gut
verträglich, nur gastrointestinale Beschwerden sind signifikant häufiger als in den
Kontrollgruppen der Studien" fasste Diel die Studienergebnisse zusammen und wies darauf
hin, dass die schwerwiegenden Nebenwirkungen, die unter einer Therapie mit Bisphosphonaten
auftreten können, wie Nierenschädigungen, Akute-Phase-Reaktion bei intravenöser Applikation
und Kieferosteonekrosen, bei Anwendung von oralem Clodronat nahezu unbekannt sind.
Weitere Evaluation von adjuvantem Clodronat gefordert
"Clodronat erlebt derzeit eine Renaissance in der Onkologie", stellte Diel fest.
Grund hierfür ist zum einen die große Erfahrung, über die man mit dieser Substanz
verfügt, zum anderen nimmt Clodronat als aliphatisches Bisphosphonat mit seinem
anderem Wirkmechanismus eine Sonderstellung unter den vier verfügbaren Bisphosphonaten
ein. Nach derzeitigem Wissensstand profitieren Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko,
aktiviertem Knochenstoffwechsel durch Östrogendepletion und/oder Tumorzellen im
Knochenmark von einem adjuvanten prophylaktischen Einsatz von Bisphosphonaten.
Die aktuellen AGO-Leitlinien empfehlen die adjuvante Gabe von Clodronat über
2-3 Jahre v.a. für postmenopausale Patientinnen sowie Zoledronat für prämenopausale
Patientinnen unter alleiniger endokriner Therapie mit GnRH-Analoga. Diel forderte
die weitere Evaluation der adjuvanten Therapie mit Clodronat. "Wir sollten versuchen,
die Ausgangszellen, die zu späteren Metastasen führen, in der Adjuvanz zu eradizieren.
Was wir adjuvant nicht schaffen, können wir später nicht mehr nachholen."
Mascha Pömmerl, München
* Dieser Workshop wurde freundlicherweise unterstützt von RIEMSER Pharma GmbH
Quelle: Riemser-Fachpresse-Workshop "Onkologische Supportivtherapie und Onkologie" am 6. November 2013 in Mu¨nchen
Dezember 2013 |
Printversion |
Literaturreferate
Capecitabin zu Anthrazyklin- und Taxan-basierter neoadjuvanter Therapie bei primärem Brustkrebs
Paclitaxel dosisdicht bei fortgeschrittenem Ovarialkrebs