Ein Brustkrebs im Frühstadium wird heute meist brusterhaltend behandelt. Dabei beschränkt sich die
Operation auf die Entfernung des Tumors und des umgebenden Gewebes. Wenn ein oder mehrere Lymphknoten
betroffen sind, erhalten die Brustkrebspatientinnen neben der Bestrahlung fast immer eine unterstützende
Chemotherapie, manchmal auch eine Hormontherapie oder eine Kombination aus beidem. Eine Bestrahlung der
Brustdrüse nach der Operation soll verhindern, dass es später erneut zum Krebswachstum kommt.
„Die Radiotherapie hat die brusterhaltende Operation erst möglich gemacht“, sagt Prof. Dr. med. Wilfried Budach,
Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
„Sind keine Lymphknoten befallen, kann die Bestrahlung auf die Brustdrüse beschränkt werden“, erläutert
der DEGRO-Vize-Präsident. Finden die Ärzte jedoch Krebszellen in den Lymphknoten oder besteht ein hohes
Risiko hierfür, können sie die Strahlentherapie auf die Bereiche der Lymphknoten erweitern. „Zwei Studien
haben nun gezeigt, dass die erweiterte Strahlentherapie oftmals richtig und wichtig ist“, so Budach.
An den beiden Studien haben in Nordamerika und Europa mehr als 5000 Patientinnen mit Brustkrebs
im Frühstadium teilgenommen, die zum größten Teil brusterhaltend operiert werden konnten. In
der europäischen Studie bekam nur ein Teil der Frauen eine adjuvante, also unterstützende
Chemotherapie; in der nordamerikanischen Studie jedoch alle Frauen. Ein Teil der Frauen erhielt
dann eine konventionelle Radiotherapie, die sich auf die Bestrahlung der Brustdrüse beschränkte.
In der anderen Gruppe wurden zusätzlich die Lymphabflusswege bestrahlt. Neben einer Zone in
unmittelbarer Umgebung der Brust am Übergang zur Achselhöhle und hinter dem Brustbein gehört
auch die Region oberhalb des Schlüsselbeins dazu. An beiden Orten befinden sich Lymphknoten,
die zum Ausgangspunkt von erneuten Tumorbildungen werden können.
Die Behandlungen fanden bereits in den 1990er und den 2000er Jahren statt. Nach zehn Jahren
zeigten sich klare Vorteile der erweiterten Bestrahlungsstrategie: In beiden Studien stieg hierdurch
der Anteil der Patientinnen, die ohne Tumorrückfall und am Leben blieben, um mehrere Prozentpunkte.
In beiden Studien zeichnete sich durch die erweiterte Radiotherapie ein Trend zum besseren Überleben ab.
„Von der erweiterten Bestrahlung profitieren auch Frauen, deren Lymphknoten zwar frei von Krebszellen
sind, die aber besonders aggressive oder größere Tumoren haben“, erläutert DEGRO-Sprecher
Prof. Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am
Universitätsklinikum Mannheim. Diese Patientinnen haben ein erhöhtes Risiko für die Bildung von
Metastasen. Wenz betont: „Die Bestrahlungsgeräte sind in den letzten beiden Jahrzehnten
weiterentwickelt worden, die Bestrahlungen sind zielgenauer und schonender. Zudem werden heute
effektivere Medikamente eingesetzt.“ Insgesamt verbessere sich die Situation für Brustkrebspatientinnen
kontinuierlich. „Die Überlebenschancen für Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium lagen in
beiden Studien bei über 80 Prozent“, so Wenz. „Bei den Frauen, die wir heute behandeln, dürfte
sich die Quote der Langzeitüberlebenden noch einmal deutlich erhöhen.“
Literatur:
Poortmans PM, et al. 2015. EORTC Radiation Oncology and Breast Cancer Groups. Internal Mammary and Medial Supraclavicular
Irradiation in Breast Cancer. N Engl J Med. 373:317-327.
artikel
Whelan TJ, et al. 2015. MA.20 Study Investigators. Regional Nodal Irradiation in Early-Stage Breast Cancer. N Engl J Med. 23;373:307-316.
artikel
Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit
hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie
die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes,
sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken können.
Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO)
August 2015 |
Literaturreferate
Capecitabin zu Anthrazyklin- und Taxan-basierter neoadjuvanter Therapie bei primärem Brustkrebs
Paclitaxel dosisdicht bei fortgeschrittenem Ovarialkrebs