Viele Medikamente, die in der Chemotherapie eingesetzt werden, wirken, indem sie das Erbgut
(DNA) von Tumorzellen schädigen. Nimmt die DNA ernsthaften Schaden, ist die Zelle nicht mehr
lebensfähig. So sorgen Chemotherapeutika dafür, dass sich Krebszellen nicht mehr vermehren
können und schließlich sterben. Das Wissenschaftlerteam an der Universitätsmedizin Göttingen
hat nun herausgefunden, dass dabei ein Eiweiß mit dem Namen MK2 (MK2 steht für Mitogen
activated protein kinase-activated protein kinase 2) eine besondere Rolle spielt. Es trägt
dazu bei, dass Krebszellen sterben, wenn ihr Erbgut beschädigt wird. Wurde das Eiweiß MK2
aus den Zellen entfernt oder seine Aktivität blockiert, überlebten die Krebszellen besser.
Um die DNA der Krebszellen zu schädigen, benutzten die Forscher ultraviolettes Licht oder
das Chemotherapeutikum Gemzitabin. Vor jeder Teilung müssen Zellen eine perfekte Kopie ihres
Erbguts erstellen. Nur so geht bei der Teilung keine Information verloren. "Gemzitabin und
einige andere Chemotherapeutika entfalten ihre Wirkung, indem sie diesen Kopiervorgang
stören - wie Sand, der in einem Kopiergerät alle Rädchen zum Stehen bringt", sagt Cathrin
Bierwirth, eine der beiden Erst-Autoren der Publikation. Die Folge: Das Erbgut wird
nicht vollständig kopiert. Die Krebszelle stirbt.
Die Forscher vermuteten, dass das Eiweiß MK2 entscheidend dafür ist, wie gut Zellen bei
der Kopie ihres Erbguts mit Störungen durch Gemzitabin umgehen können. Um dies zu überprüfen,
nutzten die Forscher eine spezielle Technik, die sogenannten "DNA fiber assays". Die DNA
lässt sich damit bei der Kopie markieren und anschließend unter dem Mikroskop farbig sichtbar
machen. "Anhand der Länge der gefärbten DNA-Abschnitte können wir nun feststellen, ob die
Zellen ihr Erbgut in normaler Geschwindigkeit kopieren - oder ob das Kopiergerät hakt",
sagt Dr. Frederik Köpper, ebenfalls Erst-Autor der Publikation. Tatsächlich fanden die
Forscher heraus: Zellen kopieren ihre DNA trotz Gemzitabin schneller, wenn die Aktivität
von MK2 blockiert worden war.
Doch wie schafft es MK2, die Kopiergeschwindigkeit zu regulieren? Weitere Experimente
ergaben, dass MK2 möglicherweise eine Gruppe von Eiweißen in der Zelle kontrolliert,
die darauf spezialisiert sind, beschädigte DNA zu kopieren. Es handelt sich dabei um
die sogenannten trans lesion synthesis-Polymerasen. Diese Eiweiße sind gewissermaßen
größere Kopier-Rädchen, die sich trotz Sand im Kopiergerät drehen können und dafür sorgen,
dass die Kopie gelingt. Die Wissenschaftler vermuten: MK2 verhindert, dass diese Eiweiße
bei der DNA-Kopie helfen, und bewirkt so, dass die Zelle durch die Chemotherapie stirbt.
"Wir hoffen nun, dass sich diese Erkenntnisse eines Tages bei der Behandlung von
Krebspatienten nutzen lassen. Dazu müssen aber zunächst Strategien entwickelt werden,
um MK2 gezielt zu aktivieren. Möglicherweise könnten dann Krebszellen empfindlicher
gegenüber bestimmten Chemotherapeutika gemacht werden", sagt Prof. Dr. Matthias Dobbelstein,
Senior-Autor der Publikation und Direktor des Instituts für Molekulare Onkologie der UMG.
Literaturhinweis:
Quelle: Universitätsmedizin Göttingen
Köpper F, Bierwirth C, Schön M, et al. 2013. Damage-induced DNA replication stalling relies
on MAPK-activated protein kinase 2 activity. Proc. Natl Acad Sci U S A, 110:16856-16861
www.pnas.org
November 2013 |
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Literaturreferate
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