In der Hämatologie und Medizinischen Onkologie sind Patienten von lebensbedrohlichen
Krankheiten wie Krebs und Leukämie betroffen. Sie erwarten von ihrem Arzt, dass er sie
nach dem neuesten Stand des medizinischen Wissens berät und behandelt. Aus gutem Grund
besteht daher eine gesetzliche und durch den Gemeinsamen Bundesausschuss verankerte
Fortbildungspflicht der Ärzte.
Ärztliche Fortbildung - Finanzierungskonzept fehlt
"Trotz gesetzlicher Fortbildungspflicht fehlt ein Konzept zur Finanzierung völlig",
kritisiert Prof. Mathias Freund. Weder die Finanzierung der Krankenhäuser über die DRG
noch die Vergütungen für die niedergelassenen Ärzte enthalten einen Anteil für
Fortbildung und Personalentwicklung. Die Folge: In den meisten Krankenhäusern gibt
es keine oder nur minimale Mittel für die Fortbildung im Budget. Die DGHO fordert
eine öffentliche Finanzierung und tritt bei ihrer Realisierung für eine angemessene
Beteiligung der Ärzte ein.
Pharmasponsoring: politisch gewollt und Grundlage für potenzielle Interessenkonflikte
Derzeit werden 60-70% der in Deutschland durchgeführten Fortbildungsveranstaltungen von
Pharmaunternehmen zumindest in Teilen mitfinanziert. "Objektiv ist Pharmasponsoring
politisch gewollt - nur will das keiner offen sagen", so Freund.
Man muss aber auch anerkennen, dass die pharmazeutische Industrie, die Diagnostikindustrie
und die Hersteller medizinisch-technischer Geräte untrennbar mit dem medizinischen
Fortschritt verbunden sind. Insofern ist eine Kooperation von Krebsmedizinern und
Pharmaunternehmen sinnvoll und auch unvermeidlich. "Vor dem Hintergrund der völlig
fehlenden Finanzierung für Personalentwicklung und Fortbildung sieht die DGHO keine
Möglichkeit, eine Unterstützung der Industrie für die Teilnahme an qualitativ
hochwertigen wissenschaftlichen Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen abzulehnen",
erläutert Freund. "Schwarz-Weiß-Lösungen wie beispielsweise im Berufsrecht der
Ärztekammer Niedersachsen mögen ehrenhaft sein, sind aber kein allgemein hilfreiches
Patentrezept", so Freund weiter.
Kooperation mit der Industrie bedarf Transparenz und klarer Grenzen
Es bleibt allerdings ein im Grundsatz nicht auflösbarer Interessenkonflikt zwischen
den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen und den Notwendigkeiten der
bestmöglichen Versorgung von Krebspatienten. "Deshalb brauchen wir klare Regeln.
Dabei hat Transparenz höchste Priorität", betont Freund. "Mit unseren Forderungen
und den von uns geschaffenen Regeln wollen wir die Balance zwischen der notwendigen
Kooperation und der persönlichen sowie institutionellen Unabhängigkeit gewährleisten."
So müssen aus Sicht der Fachgesellschaft für die Annahme einer Unterstützung zur
Teilnahme an einer Fortbildung für Ärzte folgende Voraussetzungen gegeben sein:
• Gesicherte Qualität der Fortbildungsmaßnahme, beispielsweise durch die Zertifizierung
von Ärztekammern
• Angemessenheit der Reise- und Unterbringungskosten, basierend auf dem Bundesreisekostengesetz,
das hier klare Regeln vorsieht
• Beachtung der Prinzipien von Dokumentation, Transparenz, Trennung von Umsatzgeschäften
und Beschaffung sowie Einholen einer Dienstherrengenehmigung im Falle angestellter Ärzte und Beamter
Dr. Götz Geiges, Vorsitzender des IQUO, und Dr. Hans-Joachim Hindenburg, Vorsitzender
des BNGO, sprachen sich für eine patientenzentrierte und -orientierte Versorgung in
kalkulierbarem und verlässlichem Umfeld aus. "IQUO und BNGO fordern, dass sich alle
Anstrengungen und Entscheidungen in einer Qualitätsverbesserung für den Patienten widerspiegeln
müssen. Dazu gehört selbstverständlich auch die Fort- und Weiterbildung unter transparenten
Bedingungen. Wir sehen die vorgestellten Gedanken als Anstoß für Entscheidungsprozesse.
Entscheidungen gewinnen durch verschiedene Beiträge und Vielfalt. Sie dürfen nicht um
jeden Preis vorformatiert sein, weil sie dadurch an Qualität verlieren."
Vorträge von Ärzten: Unabhängigkeit in der Bewertung
Bei der Entwicklung neuer Produkte arbeiten Ärzte und Industrieunternehmen
unvermeidlich zusammen. Diese Ärzte sind aufgrund ihrer unmittelbaren Erfahrungen
und des im Entwicklungsprozess entstandenen Wissens besonders qualifiziert, die
Ergebnisse von Entwicklungsarbeiten zu neuen Medikamenten, Untersuchungsverfahren
oder Geräten vorzustellen und zu bewerten.
Mit Blick auf die Zusammenarbeit und Honorierung damit zusammenhängender
Leistungen müssen laut DGHO folgende Punkte beachtet werden:
• Dokumentation: Die Zusammenarbeit/Honorierung hat auf Grundlage eines schriftlichen Vertrags zu erfolgen.
• Transparenz: Entsprechend den Richtlinien der DGHO sind die potenziellen Interessenkonflikte umfassend offenzulegen.
• Trennungsprinzip: Ein Zusammenhang zwischen Honorierung und Beschaffungsvorhaben/Verschreibungen ist ausgeschlossen.
• Äquivalenzprinzip: Die Honorierung muss dem Aufwand/der Leistung angemessen sein.
• Dienstherrengenehmigung bzw. Nebentätigkeitsgenehmigung.
Darüber hinaus ist nach Ansicht der Fachgesellschaft die Unabhängigkeit der
Darstellung zum Beispiel in Vorträgen sicherzustellen:
• Werden Daten durch ein Unternehmen zur Verfügung gestellt, muss dies entsprechend gekennzeichnet werden.
• Die unveränderte Übernahme von wertenden Aussagen beispielsweise mit Blick auf die Wirksamkeit oder den
Nutzen von neuen Medikamenten ist unzulässig. Eine eigene kritische Prüfung ist vorzunehmen.
Weitere Einzelheiten zum Thema Fortbildung und zu allgemeinen Fragen der Zusammenarbeit
und Abgrenzung von Medizin und Industrie finden sich umfassend im 3. Band der
Gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO.
Quelle: DGHO
November 2013 |
Literaturreferate
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