Die zentrale Stellung von mTOR (mammalian Target of Rapamycin) in der Kaskade von Signalwegen,
die die Teilung von Tumorzellen, Wachstum von Blutgefäßen und den Zellstoffwechsel regulieren,
verdeutlichte in seinem Vortrag Prof. Peter Fasching (Erlangen). mTOR liegt in Komplexen mit
anderen Proteinen vor. Der mTOR complex 1 (mTORC1) wird durch den mTOR-Inhibitor Rapamycin
(Sirolimus) gehemmt. Rapamycin ist ein Immunsuppressivum und wurde aus dem Bakterium
Streptomyces hygroscopicus isoliert, das erstmals im Boden der Insel Rapa Nui (Osterinsel)
gefunden wurde.
Eine Aktivierung von mTORC1 führt zur Phosphorylierung von zwei direkten Regulatoren
der Proteintranslation: 4E-BP1 (eukaryotic initiation factor 4E (eIF-4E) binding protein-1)
und S6K1 (protein S6 kinase 1). mTOR complex 2 (mTORC2) wird durch Rapamycin nicht gehemmt.
Interessanterweise sind die mTOR-assoziierten Proteine S6K1 und 4E-BP1 bei hormoneller
Resistenz überexprimiert, berichtete Fasching. Eine solche Resistenz gegen Aromatasehemmer
und Tamoxifen komme häufig vor. Das klinische Ansprechen auf Anastrozol liege
beispielsweise bei etwa 37%, auf Tamoxifen bei 36%. Mit anderen Worten: zwei
Drittel der Patienten sprechen auf eine Antihormontherapie - auch ohne Vorbehandlung -
nicht an und haben eine Resistenz a priori oder zeigen eine sehr schnelle Resistenzentwicklung.
Die Inhibition von mTOR mit Everolimus zeigte in präklinischen Experimenten gute
Synergien mit einer antihormonellen Therapie, die sich in der BOLERO-2-Studie
bestätigten und schließlich vor kurzem zur Zulassung der Kombination von Everolimus
und Exemestan zur Therapie des fortgeschrittenen HR+-Mammakarzinoms geführt haben.
Therapieoptionen beim metastasierten Mammakarzinom
Eine endokrine Therapie sollte bei Hormonrezeptor-positiven Frauen mit metastasiertem
Brustkrebs so lange wie möglich durchgeführt werden und ist für diese Patientinnen die
erste Therapieoption, sagte Prof. Wolfgang Janni, Düsseldorf. Eine Ausnahme bildeten akut
lebensbedrohliche Erkrankungen, wenn aufgrund des hohen Remissionsdrucks eine Chemotherapie
eingesetzt werden müsse.
Janni wies darauf hin, dass sich der Hormonrezeptorstatus auch ändern kann und dass bei
Wirkverlust durch die Umstellung der endokrinen Therapie oft noch einmal ein Ansprechen
erreicht wird.
Bei endokrin resistenten Mammakarzinomzellen wurde eine Aktivierung des PI3K/mTOR
Signalweges nachgewiesen. Da mTOR den Östrogenrezeptor ligandenunabhängig aktiviert,
besteht eine gute Rationale für mTOR-Inhibition plus endokrine Therapie. Die Daten
zur Kombination von Everolimus und Exemestan wurden erstmals auf dem ASCO 2011
vorgestellt.
Die Kombination von Tamoxifen plus Everolimus im Vergleich zu Tamoxifen
untersuchte die Phase-II-Studie TAMRAD bei Patientinnen mit metastasiertem
HR+/HER2-negativem Mammakarzinom, die zuvor mit einem Aromatasehemmer behandelt
worden waren. Die Kombination verlängert die Zeit bis zur Progression im
Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Tamoxifen. Der Anteil der Patientinnen
ohne Tumorprogression lag unter Everolimus und Tamoxifen bei 61,1% - unter
alleiniger Tamoxifen-Gabe bei 42,1% (p=0,045). Eine Progression konnte unter
der Kombination aus Everolimus und Tamoxifen um durchschnittlich 8,6 Monate -
unter Tamoxifen alleine nur um 4,5 Monate verzögert werden (Reduktion des
Progressionsrisikos: 47%; p=0,0026).
Die nationale, multizentrische, offene, einarmige 4EVER-Studie untersucht
Everolimus plus Exemestan bei postmenopausalen Patientinnen mit einem
Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen metastasierten Mammakarzinom nach
Versagen einer NSAI-Therapie.
Untersucht werden die Wirksamkeit, Sicherheit, Lebensqualität und die
Pharmakoökonomie der Kombination von Everolimus und Exemestan in einer
erweiterten Patientenpopulation verglichen mit BOLERO-2, d.h. ohne
Begrenzung der Anzahl der vorangegangenen Chemotherapielinien, des
Zeitpunktes der Progression nach NSAI-Therapie oder der vorangegangenen
endokrinen Therapie. Subgruppenanalysen sollen Aufschluss darüber geben,
in welchen Therapiesituationen Everolimus am effektivsten wirkt. Zusätzlich
wird die Studie explorativ ein breites translationales Forschunsprogramm
beinhalten (z.B. Veränderung von Serummarkern des Knochenstoffwechsels,
Korrelation von Interleukin-6 mit Angst und Depression, zirkulierende
Tumorzellen, PIK3CA-Mutationen). Die 4EVER Studie wird von Mai 2012 - Mai 2014
an ca. 120 Zentren durchgeführt.
Die Studie wird unterstützt vom Arbeitskreis klinische Studien (AKS), der
Kommission für translationale Forschung der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische
Onkologie (AGO TraFo), der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO)
und der Deutschen Gesellschaft für Senologie (DGS).
Erfahrungen aus der Praxis
"Everolimus hat ein Sicherheitsprofil, das wir sehr gut kennen", sagte Prof. Nadia Harbeck (München).
Höhergradige Nebenwirkungen sind selten. Nebenwirkungen, auf die zu achten
sind und bei denen ggf. die Fachexpertise der Kollegen eingeholt werden sollte,
sind laut Harbeck die Stomatitis, die nichtinfektiöse Pneumonitis, Skin rash
sowie Hyperglykämie und Hyperlipidämie.
Eine Stomatitis mit Ulzera und Aphten kann relativ schnell auftreten, so Harbeck,
häufig dann, wenn die Patienten mit Zytostatika vortherapiert sind. Wichtig ist hier,
die Patienten auf die Mundhygiene hinzuweisen. Bei der nichtinfektiösen Pneumonitis
ist die Differentialdiagnose zu infektiösen Lungenerkrankungen wichtig, weshalb man
sich in diesen Fällen an einen Spezialisten wenden sollte. Der Skin rash ist eine
inzwischen bekannte Nebenwirkung, die auch unter Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI)
auftritt. In diesen Fällen kommt das gleiche Nebenwirkungsmanagement wie bei
den TKI zum Einsatz. Zur Behandlung der Hyperglykämie und der Hyperlipidämie
gibt es ebenfalls klare Behandlungsschemata. Harbeck empfahl in diesen Fällen
die Zusammenarbeit mit den Hausärzten.
Everolimus als Einzelsubstanz zeigt auch eine gute Wirkung bei Knochenmetastasen,
so Harbeck. In-vitro-Studien haben gezeigt, dass RAD001 die Aktivität von Osteoklasten,
die für die Entstehung von Knochenmetastasen mitverantwortlich sind, senken kann.
Die RADAR-Studie, eine Phase II-Studie, untersuchte die Effektivität von RAD001
bei Mammakarzinompatienten mit Knochenmetastasierung. Nach den Ergebnissen, die
auf dem diesjährigen ASCO präsentiert wurden, wiesen Patientinnen mit
Knochenmetastasen unter Everolimus im Vergleich zu Plazebo eine längere Zeit
bis zur Tumorprogression auf.
Quelle: Zielgerichtete mTOR-Inhibition (RAD001, Everolimus) - eine innovative
Standardtherapie beim metastasierten Mammakarzinom? Lunchsymposium der Novartis
Oncology anlässlich der 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie in Stuttgart.
Veranstalter: Novartis Oncology
August 2012 |
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Literaturreferate
Capecitabin zu Anthrazyklin- und Taxan-basierter neoadjuvanter Therapie bei primärem Brustkrebs
Paclitaxel dosisdicht bei fortgeschrittenem Ovarialkrebs