Jährlich erkranken in Deutschland etwa 62.000 Männer und Frauen neu an einem Rektumkarzinom.
Die Zahl der neu erkrankten Frauen mit Gebärmutterkrebs, dem Endometriumkarzinom, liegt bei
etwa 11.500 pro Jahr. Die meisten dieser Patienten erhalten heute eine Radiotherapie.
„Die Radiotherapie bringt Vorteile für die lokale Tumorkontrolle, das heißt, sie senkt
die Zahl der Tumorrückfälle und erspart vielen Patienten eine erneute Operation“, erläutert
Professor Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Lübeck.
Bislang war jedoch unklar, ob es durch die Bestrahlung einen langfristigen Überlebensnachteil
gibt, erklärt das DEGRO-Vorstandsmitglied. „Patienten, die von einer Krebsbehandlung geheilt
sind, haben ein erhöhtes Risiko, in den nächsten Jahrzehnten noch einmal an einem Krebs zu
erkranken. Unklar war bislang, ob oder welche Rolle die Strahlentherapie dabei spielen könnte.“
Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass viele Menschen, die ein Endometrium- oder
Rektumkarzinom überlebt haben, später erneut an Krebs erkranken. Eine Auswertung des
US-amerikanischen Krebsregisters hatte vermuten lassen, dass bis zu acht Prozent dieser
sekundären Tumore eine Spätfolge der Strahlentherapie sein könnten.
„Diese Zahlen müssen nach einer neuen Untersuchung aus den Niederlanden revidiert werden“,
sagt Professor Dunst. Ein Team um Corrie Marijnen von der Universität Leiden hatte die Daten
aus drei großen Therapiestudien ausgewertet. Insgesamt 2554 Patienten waren nach einer
Behandlung ihres Rektum- oder Endometriumkarzinoms nachbeobachtet worden. Jeder vierte
Patient erkrankte innerhalb von fünfzehn Jahren erneut an Krebs. Die meisten Patienten
entwickelten einen Hautkrebs oder Krebserkrankungen fern der Bestrahlungsfelder. Es gab
jedoch auch Tumore im Bereich von Darm und Harnwegsorganen, die im Bestrahlungsfeld der
Radiotherapie lagen.
Die niederländischen Forscher fanden allerdings heraus, dass Patienten, die keine Radiotherapie
erhalten hatten, ebenso häufig an einem sekundären Krebs erkrankten wie solche, die bestrahlt
worden waren. Mit Radiotherapie betrug die Rate nach 15 Jahren 25,6 Prozent, ohne Radiotherapie
26,5 Prozent. Auch im Beckenbereich kam es nicht zu vermehrten Krebserkrankungen. „Dies zeigt,
dass die hohe Zahl von sekundären Krebserkrankungen andere Gründe als die Radiotherapie gehabt
haben muss“, sagt der Experte. Er vermutet, dass bei vielen Patienten die Ursachen für die
Krebsentstehung weiter bestanden. „Dies können Verhaltensweisen der Patienten sein oder
eine genetische Anfälligkeit für Krebs“, so Professor Dunst.
„Die Ergebnisse sind für alle Patienten mit Rektum- und Endometriumkarzinom eine gute
Nachricht“, sagt Professor Dr. med. Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie
und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim und Pressesprecher der DEGRO. „Sie können
sich für eine Radiotherapie entscheiden, ohne dass die Gefahr von sekundären Krebserkrankungen
steigt“, so Professor Wenz. Ob diese Ergebnisse uneingeschränkt auf andere Krebserkrankungen
oder Personengruppen übertragen werden können, müssen weitere Untersuchungen zeigen, ergänzt
der DEGRO-Pressesprecher.
Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit
hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie
die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes,
sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken
können. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.
Wiltink LM, Nout RA, Fiocco M, Meershoek-Klein Kranenbarg E, Jürgenliemk-Schulz IM, et al. 2014.
No Increased Risk of
Second Cancer After Radiotherapy in Patients Treated for Rectal or Endometrial Cancer in
the Randomized TME, PORTEC-1, and PORTEC-2 Trials. J Clin Oncol. 2014; doi: 10.1200/JCO.2014.58.6693.
Abstract:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25534376
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V. Februar 2015
Literaturreferate
Capecitabin zu Anthrazyklin- und Taxan-basierter neoadjuvanter Therapie bei primärem Brustkrebs
Paclitaxel dosisdicht bei fortgeschrittenem Ovarialkrebs