Therapie des Ovarialkarzinoms – Status quo und Ausblick


Nach jahrelangem Stillstand wurde in der Primärtherapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms nun erstmals ein Fortschritt erzielt: Als erste und bisher einzige zielgerichtete Substanz zeigte der VEGF-Antikörper Bevacizumab (Avastin®) einen signifikanten Vorteil gegenüber der Standard-Chemotherapie (Paclitaxel und Carboplatin). Dies belegen die aktuellen Ergebnisse der beiden Phase-III-Studien GOG-0218 und ICON7. Im Rahmen des Presseforums Ovarialkarzinom erläutern Prof. Andreas du Bois (Wiesbaden) und Prof. Jacobus Pfisterer (Solingen) den Status quo der Therapie des Ovarialkarzinoms sowie die aktuellen Studiendaten.

Jährlich wird bei nahezu 10.000 Frauen in Deutschland ein Ovarialkarzinom diagnostiziert. Rund 5.600 Patientinnen sterben pro Jahr an den Folgen der Erkrankung. Damit steht das Ovarialkarzinom mit 4,9 % der bösartigen Neubildungen und 5,7 % der Sterbefälle jeweils an fünfter Position der Malignomerkrankungen der Frau. In Relation zur Inzidenz des Ovarialkarzinoms weist die Erkrankung unter den gynäkologischen Tumoren die höchste Mortalität auf [1].

Hoher Bedarf an neuen Therapieoptionen

Die Prognose von Patientinnen mit Ovarialkarzinom wird in erster Linie durch das Stadium der Erkrankung zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bestimmt. Mangels spezifischer Frühsymptome und effektiver Screening-Maßnahmen wird das Ovarialkarzinom bei rund 70 % der Patientinnen erst in den fortgeschrittenen Stadien (FIGO III - IV) diagnostiziert. Die zytostatische Kombination aus Carboplatin und Paclitaxel ist – neben der maximal möglichen, operativen Tumorreduktion – seit 2003 Standard in der Primärtherapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms [2]. Trotz Primärtherapie erleiden mehr als die Hälfte der Patientinnen ein Rezidiv. „Besonders für diese Patientinnen besteht ein dringender Bedarf an innovativen Therapieoptionen“, betont Prof. Andreas du Bois (Wiesbaden). „Konnten in der Therapie des frühen Ovarialkarzinoms in den vergangenen Jahrzehnten deutliche Fortschritte hinsichtlich der Therapieergebnisse erzielt werden, so sind die Erfolge beim weit fortgeschrittenen Ovarialkarzinom weit geringer und es sterben immer noch mehr als die Hälfte der Betroffenen an der Erkrankung.“

GOG-0218 und ICON7: Bevacizumab als neue Therapieoption

Nach Jahren der Stagnation zeichnet sich nun mit dem Angiogenesehemmer Bevacizumab ein Fortschritt in der Primärtherapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms ab. Dafür sprechen die im Rahmen der diesjährigen Jahrestagungen der American Society of Clinical Oncology (ASCO) und der European Society for Medical Oncology (ESMO) vorgestellten Ergebnisse der beiden randomisierten Phase-III-Studien GOG-0218 und ICON7 (in Deutschland AGO-Ovar 11) mit mehr als 3.400 Patientinnen. In beiden Studien wurde das progressionsfreie Überleben (PFS) der Patientinnen durch die frühe und kontinuierliche Therapie mit Bevacizumab signifikant verlängert.
In der Studie GOG-0218 verlängerte die frühe Kombination von Bevacizumab (15 mg/kg q3w) und Standard-Chemotherapie mit anschließender kontinuierlicher Gabe von Bevacizumab über insgesamt 15 Monate das PFS von Patientinnen im fortgeschrittenen Stadium (FIGO III und IV) signifikant um median 3,8 Monate (akademische Analyse; regulatorische Analyse: 6,0 Monate) [3]. In der ICON7-Studie war das PFS bei früher Kombination von Bevacizumab (7,5 mg/kg q3w) und Standard-Chemotherapie mit anschließender kontinuierlicher Gabe von Bevacizumab über insgesamt 12 Monate gegenüber der alleinigen Standard-Chemotherapie im Median signifikant um 2,3 Monate (regulatorische Analyse; akademische Analyse: 1,7 Monate) verlängert. Der PFS-Vorteil von Bevacizumab gegenüber der Standard-Chemotherapie war nach 12 Monaten am größten – genau zu dem Zeitpunkt, an dem die kontinuierliche Therapie mit Bevacizumab endet [4]. „Hier stellt sich die Frage, ob die kontinuierliche Therapie mit Bevacizumab zu früh eingestellt wurde“, so Prof. Jacobus Pfisterer (Solingen). „Womöglich hätte eine längere Therapie einen noch deutlicheren Benefit bewirkt.“ Das Sicherheitsprofil beider Studien entsprach dem vorausgegangener zulassungsrelevanter Studien mit Bevacizumab. Die Therapie mit Bevacizumab wurde insgesamt gut vertragen – Nebenwirkungen traten meist nur im Zeitraum der initialen Chemotherapie auf.
„Die kongruenten Ergebnisse der beiden Phase-III-Studien zum progressionsfreien Überleben bestätigen die Wirksamkeit des Prinzips der Angiogenesehemmung beim Ovarialkarzinom“, kommentiert Professor Pfisterer die Ergebnisse der GOG-0218- und ICON7-Studie. „Möglicherweise kann mit Bevacizumab ein neuer Standard in der Primärtherapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms etabliert werden.“
Reife Daten zur Lebensqualität und zum Gesamtüberleben werden für 2012 erwartet. Die Einreichung zur Zulassung wird noch für dieses Jahr erwartet.

Quellen:
[1] Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Krebs in Deutschland 2005/2006 – Häufigkeiten und Trends, 7. Ausgabe, 2010, Robert Koch-Institut und Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V.
[2] Kommission Ovar der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V., Empfehlungen für die Diagnostik und Therapie maligner Ovarialtumoren, September 2010
[3] Burger R.A., ASCO 2010, Abstract LBA001
[4] Perren T et al., ESMO 2010; Abstract LBA4

Presseforum Ovarialkarzinom am 2. Dezember 2010 in Frankfurt am Main.
Veranstalter: Roche Pharma AG.


Dezember 2010

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Vulväre intraepitheliale Neoplasie
Präinvasive genitale Läsionen mit erheblich ange stiegener Inzidenzrate

Literaturreferate
GeparQuattro-Studie:
Neoadjuvante Therapie mit Trastuzu-mab bei HER2-positivem Brustkrebs

Capecitabin zu Anthrazyklin- und Taxan-basierter neoadjuvanter Therapie bei primärem Brustkrebs

Paclitaxel dosisdicht bei fortgeschrittenem Ovarialkrebs