Das Phänomen des Verlustes von Ärztinnen im Rahmen beruflicher Karrieren wurde in verschiedenen Untersuchungen
beschrieben. So absolvieren zwar mehr Studentinnen als Studenten das Medizinstudium, ab der Karrierestufe von
Oberärzt*innen nimmt der männliche Anteil allerdings wieder deutlich zu. Die DGHO ist dem Fortschritt verpflichtet
und begreift es als eines ihrer
zentralen Ziele, diesem auch als „Leaky Pipeline“ bekannten Phänomen entgegenzuwirken. So hat die Fachgesellschaft
bereits 2014 mit dem 5. Band ihrer Gesundheitspolitischen Schriftenreihe „Die berufliche Situation von Frauen in
der Hämatologie und Onkologie. Fakten und Forderungen“ eine Situationsanalyse und im Jahr 2019 mit dem
Positionspapier „Paritätische Positionierung von Frauen in der Hämatologie und Medizinischen Onkologie“ einen
Katalog von entsprechenden Maßnahmen vorgelegt.
Um in der Thematik noch rascher und konkreter voranzukommen, hat die DGHO einen weiteren wesentlichen
Schritt unternommen: Ziel der vom Verein zur Förderung der Weiterbildung in der Hämatologie und Onkologie e.V. (WBHO)
durchgeführten Studie, die in Form einer Online-Umfrage unter den Mitgliedern der DGHO, der
Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie, der Schweizerischen
Gesellschaft für Medizinische Onkologie und der Schweizerischen Gesellschaft für Hämatologie
umgesetzt wurde, ist es, den aktuellen Stand der Genderparität zu ermitteln sowie Mittel und
Wege zu identifizieren, um den in der Hämatologie und Onkologie tätigen Ärztinnen eine nachhaltige
Aussicht auf gleichwertige Karriereoptionen wie ihren männlichen Kollegen zu ermöglichen.
Die Studie nimmt detailliert karriereförderliche und -hinderliche Bedingungen im beruflichen und
persönlichen Bereich in den Fokus und untersucht, welche Veränderungen sich Ärzt*innen wünschen,
um ihre Karriere besser voranbringen zu können. „Die ersten Befragungsergebnisse zeigen uns bei
Ärztinnen und Ärzten eine gleichermaßen hohe Eigenmotivation im beruflichen Kontext“, so
Prof. Dr. med. Hermann Einsele, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO und Direktor der
Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Würzburg.
Mit Blick auf die beruflichen Rahmenbedingungen zeigt sich, dass Arbeitgeber*innen und Vorgesetzte
viel zu einer nachhaltigen Stärkung der Parität – und damit zur Sicherung fachlicher Expertise in der
Zukunft – beitragen können. Dabei wurden flexible, aber planbare Arbeitszeiten, ohne dass damit
Nachteile für die berufliche Laufbahn verbunden sind, in der Online-Umfrage am häufigsten genannt.
Als ausbaufähig werden die aktuellen Betreuungsangebote für Kinder begriffen und somit eine
Erweiterung entsprechender Angebote gewünscht. Ein großer Anteil der Befragten gibt an, dass
Karriere und Familie bzw. Privatleben nur mit Kompromissen miteinander vereinbar sind, wobei
sich in diesem Punkt kein signifikanter Unterschied in der Einschätzung von Ärztinnen und
Ärzten zeigt. Die Befragten auf den höheren ärztlichen Hierarchieebenen sind zufriedener
mit ihrer Karriereentwicklung als die Befragten auf den unteren Hierarchieebenen. Mit Blick
auf eine Differenzierung nach Geschlecht zeigt sich hier eine – wenn auch geringe aber
statistisch signifikante – höhere Zufriedenheit bei den männlichen Befragten. „Unser Fachgebiet
ist extrem innovativ. Wir sind davon überzeugt, dass sich Innovationen auch im Rahmen der
beruflichen Realitäten unserer Kolleginnen und Kollegen abbilden müssen. Hier setzen wir uns
beispielsweise für die Ermöglichung moderner Arbeitszeitmodelle ein“, so Prof. Maike de Wit,
Mitglied im Vorstand der DGHO und Chefärztin der Klinik für Innere Medizin – Hämatologie,
Onkologie und Palliativmedizin am Vivantes Klinikum Neukölln und dem Auguste-Viktoria-Klinikum.
In diesem Zusammenhang konnte ein – noch nicht veröffentlichtes – Gutachten einer anderen
wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft bei Ärztinnen ein Zuwachs der ärztlich Tätigen
von 60 Prozent gegenüber 2011 verzeichnen, während es bei den Ärzten 12 Prozent sind. Der Anteil
der Ärztinnen in der Inneren Medizin liegt inzwischen bei 40 Prozent. Im Jahr 2011 waren es
noch 32 Prozent. „Diese Entwicklung begrüßen wir außerordentlich“, so Einsele.
Zwischen Ende April und Anfang Juli 2021 haben 469 Personen an der Online-Umfrage teilgenommen.
58,6 Prozent der Rückläufe stammen aus Deutschland, 15,6 Prozent aus Österreich, 24,5 Prozent
aus der Schweiz und 1,3 Prozent aus einem anderen Land. Der Fragebogen wurde von 61 Prozent
Frauen und 38,6 Prozent Männern beantwortet. Die Rücklaufquote schränkt die Repräsentativität
zwar leicht ein, gleichwohl zeigen die statistischen Analysen interessante Ergebnisse sowohl
für den Geschlechter- als auch für den Ländervergleich.
Die Studie wurde von Maike Busson-Spielberger, M.A., Dr. phil. Marianne Giesler und Dr. phil. Bärbel Miemietz durchgeführt und erste Ergebnisse während der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie 2021 in Berlin vorgestellt. Die komplette Auswertung wird im Rahmen eines Bandes der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO im Mai 2022 veröffentlicht. Darüber hinaus werden Ergebnisse auf der Jahrestagung der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen e.V. (bukof) – Kommission Klinika ebenfalls Anfang Juni präsentiert.
März 2022 |
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Literaturreferate
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