Auslöser von Brustkrebs ist häufig eine Veränderung in den „Breast Cancer“-Genen BRCA1 oder BRCA2.
BRCA-Gene übernehmen eine wichtige Funktion bei der DNA-Reparatur. Wenn sie defekt sind,
können sich im Erbgut von Brustzellen Fehler anhäufen. Das kann dazu führen, dass sich die
Zellen unkontrolliert vermehren und zu Tumoren heranwachsen.
Es gibt beim Menschen noch einen alternativen Mechanismus für die DNA-Reparatur.
Dieser wird vor allem dann wichtig, wenn die BRCA-Gene mutiert sind. Er sorgt dafür, dass
die DNA-Schäden nicht so groß werden, dass die betroffene Zelle stirbt. Bei Brustkrebs-Erkrankungen
versucht man daher, diesen alternativen Reparaturweg zu hemmen, um so den Krebszellen den
Todesstoß zu versetzen. Dazu nutzt man so genannte PARP-Inhibitoren.
PARP-Inhibitoren gelten als Hoffnungsträger, etwa im Kampf gegen hoch aggressive Formen
von Brustkrebs. Leider werden Tumorzellen aber oft gegen den Wirkstoff resistent. Sie können
nämlich unter bestimmten Bedingungen den Funktionsverlust der BRCA-Gene ausgleichen. Der
eigentliche Haupt-Reparaturmechanismus wird dadurch also wieder aktiviert.
Tumoren schrumpften nachhaltig
„Dinaciclib kann diesen Vorgang augenscheinlich unterbinden“, erklärt Prof. Dr. Matthias Geyer
vom Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn. „Damit sprechen die Krebszellen
weiterhin auf die PARP-Behandlung an.“ Die Wissenschaftler konnten diesen Effekt in ihrer
Studie beispielsweise bei krebskranken Mäusen dokumentieren: In den mit PARP-Inhibitoren
und Dinaciclib behandelten Tieren schrumpften die Tumoren nachhaltig, ohne dass sich Resistenzen
zeigten.
Das Labor von Prof. Geyer beschäftigt sich vor allem mit der Aufklärung dreidimensionaler
Molekülstrukturen. Vor zwei Jahren gelang seiner Gruppe dieses Kunststück für ein Protein
namens CDK12. CDK12 ist eine sogenannte Kinase, die die Ablesung bestimmter Gene steuert.
Ein paar Tage nach Veröffentlichung der Struktur erhielt Matthias Geyer einen Anruf aus
den USA. Sein Kollege, der Krebsforscher Prof. Dr. Geoffrey Shapiro, untersuchte dort
seit einiger Zeit die Wirkung von Dinaciclib. Man wusste bereits, dass Dinaciclib das
Wachstum von Tumoren bremst. Bekannt war auch, dass Dinaciclib Kinasen blockiert – doch
welche genau? Shapiro bat seine deutschen Kollegen, den Einfluss von Dinaciclib auf CDK12
zu testen.
„Tatsächlich konnten wir zeigen, dass Dinaciclib CDK12 hemmt“, erklärt Dr. Ann Katrin Greifenberg,
die zusammen mit Prof. Geyer den Bonner Teil der Studie geleitet hat. „Dadurch wird die
Ablesung von Genen blockiert, die für den Hauptmechanismus der DNA-Reparatur verantwortlich
sind. Die Krebszelle kann diesen Weg daher nicht reaktivieren; sie bleibt für die PARP-Behandlung
empfindlich.“
Geoffrey Shapiro führt momentan eine klinische Studie zu Dinaciclib durch. Darin will
er den Effekt des Medikaments bei Frauen mit aggressivem Brustkrebs untersuchen. „Die von
uns aufgeklärte 3D-Struktur von CDK12 erlaubt es aber auch, völlig neue Wirkstoffe gegen
diese Kinase zu entwickeln“, betont Geyer. „Sie könnten dazu beitragen, die Chemotherapie
gegen aggressive Formen von Brustkrebs besser verträglich und effektiver zu machen. Der
Weg dorthin ist aber noch weit.“
An der Studie waren insgesamt sechs Arbeitsgruppen aus den USA, Spanien und Deutschland
beteiligt. Die Federführung lag beim Dana-Farber Krebsinstitut sowie der Harvard Medical
School, Boston, USA.
Publikation: Shawn F. Johnson et al.: CDK12 inhibition reverses de novo and acquired
PARP inhibitor resistance in BRCA wild-type and mutated models of triple-negative breast
cancer; Cell Reports; DOI: 10.1016/j.celrep.2016.10.077
Quelle: Universität Bonn
November 2016 |
Literaturreferate
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