Brustdichte als Risikofaktor für Brustkrebs anerkannt

    Neben allgemein anerkannten Risikofaktoren für Brustkrebs wie Alter, Body Mass Index, Parität, familiäres Vorkommen und Hormoneinnahme ist die Brustdichte obwohl seit längerer Zeit Indizien hierfür vorliegen erst allmählich ins Bewusstsein zahlreicher Kliniker vorgedrungen. In der letzten Dekade ist die Zahl der Publikationen, in denen der Brustdichte unter den Brustkrebs-Risikofaktoren der bedeutendste Rang eingeräumt wird, jedoch sprunghaft angestiegen. Andererseits fehlt ein allgemein anerkanntes, standardisiertes Verfahren zur Quantifizierung der Brustdichte. Hinzu kommt, dass noch kein schlüssiges Konzept für die Prävention oder die Behandlung der mammographisch dichten Brust vorliegt [1].



      Aufgrund der unterschiedlichen Gewebsanteile von Fett, Stroma und Epithel in der Brust variiert deren Erscheinungsbild auf Mammographien interindividuell. Aus der prozentualen Gewichtung der dunklen gegenüber den hellen Bereichen ergibt sich die so genannte mammographische Dichte. Sie beruht auf der größeren Absorption der Röntgenstrahlen durch Epithel- und Stromagewebe gegenüber dem Fettgewebe.

      Die am häufigsten angewandte quantitative Methode zur Bestimmung der Brustdichte ist die Ermittlung des Verhältnisses von dichter zur Gesamtfläche. In Studien sollten dichte und nicht-dichte Areale bevorzugt durch Computer-gestützte Verfahren auf digitalisierten Mammographien quantifiziert werden. Doch bislang gibt es keine klinisch anwendbare, standardisierte, quantitative und automatisierte Methode für die Messung der Brustdichte. Andererseits führt die inzwischen weitgehend anerkannte Bedeutung der Brustdichte als Risikofaktor für Brustkrebs gegenwärtig zur Entwicklung neuer Bestimmungsmethoden:

      Ein quantititatives Verfahren zur Messung des Anteils an Drüsengewebe in der Brust mithilfe der Dual­energie-Mammographie wurde an Körperphantomen auf ihre Durchführbarkeit geprüft. Hierbei erreichten die Experimentatoren eine Genauigkeit, bei der der (root mean square) RMS-Fehler nur bei ungefähr 5% lag [2].

      Eine neue Technik zur absoluten Messung der Brustdichte auf der Grundlage 3D T1-gewichteter Magnetresonanztomographien (MRT) korreliert mit herkömmlichen Bestimmungen der mammographischen Brustdichte. Dennoch ist die MRT-basierte Methode der mammographischen Methode nicht äquivalent und sollte auf ihre Eignung geprüft werden, das Brustkrebsrisiko besser als mammographische Verfahren ermitteln zu können [3].

    Erhöhung des Brustkrebsrisikos versus Maskierung von Brustkrebs
      Lange Zeit wurde mammographische Dichte im Wesentlichen nur als Risikofaktor für Maskierung und somit einer erschwerten Identifizierung maligner Herde angesehen. Doch insbesondere eine Analyse dreier Fallkontrollstudien mit mehr als 2.000 Frauen von Boyd et al (2007) bewies, dass Maskierung allein nicht für ein etwa fünffach erhöhtes Brustkrebsrisiko bei hoher Brustdichte verantwortlich sein kann [4]. Insbesondere bei Frauen bis zu 56 Jahren stand eine Brustdichte, die mehr als 50% des Mammogramms einnimmt, im Zusammenhang mit 26% aller Mammakarzinome und 50% der Fälle, die weniger als 12 Monate nach einer negativen Mammographie entdeckt worden waren.

      In verschiedenen Untersuchungen stand Brustdichte auch im Zusammenhang mit der Tumorgröße, dem Lymphknotenstatus sowie der Brustkrebs-Subtypen luminal A und dreifach negativ.

    Genetische Komponente von Brustdichte
      Untersuchungen mit Zwillingen und Familien haben einen signifikanten genetischen Einfluss auf die Brustdichte erkennen lassen. Nach Korrekturen für Alter und weitere Kovariablen ergab sich eine genetische Abhängigkeit der Variabilität von mehr als 60% [5]. Brustdichte steht im Zusammenhang mit verschiedenen Risikofaktoren für Brustkrebs, bei denen ebenfalls beträchtliche erbliche Komponenten vorliegen: In einer Screening-Studie mit 550 Frauen (insbesondere Geschwisterpaare) der Old Order Amish Bevölkerung in Pennsylvania fanden Douglas et al. (2008) eine signifikante genetische Korrelation der Brustdichte mit etablierten Brustkrebs-Risikofaktoren [6].

    Mammographische Dichte als Prädiktor für lokales Rezidivrisiko
      In einer kürzlich veröffentlichten kanadischen Untersuchung über zehn Jahre ermittelten Cil et al. (2009) für Brustkrebs-Patientinnen mit intermediärer Brustdichte ein 3,6-fach und für Frauen mit hoher Brustdichte ein 5,7-fach erhöhtes lokales Rezidivrisiko in der ipsilateralen Brust gegenüber Patientinnen mit niedriger Brustdichte [7]. Bei gesonderter Analyse der Patientinnen, die sich einer Lumpektomie unterzogen und keine Bestrahlung der Brust erhalten hatten, und derjenigen mit Bestrahlung ergab sich eine Beeinflussung des lokalen Rezidivrisikos allerdings nur bei den nicht bestrahlten Patientinnen (Abb 1, 2).

      Hieraus ließe sich ein innovativer Ansatz zur Auswahl der optimal geeigneten Therapie ableiten. Bei geringer Brustdichte könnte nach Lumpektomien auf eine Strahlentherapie verzichten werden. Andererseits mahnen Maskarinec et al. (2010) zur vorsichtigen Interpretation obiger Ergebnisse [8]. Die Fälle in der Studie waren in den Jahren von 1987 bis 1998 diagnostiziert worden, als die Behandlungsrichtlinien noch nicht wie die heutigen Empfehlungen das Angebot einer Strahlentherapie an die Mehrzahl der Patientinnen mit brusterhaltender Operation vorsahen.

      Nach neueren Daten von Park et al. (2009) besteht für Brustkrebs-Patientinnen mit hoher Brustdichte nach brusterhaltender Operation und Strahlentherapie das signifikant erhöhte Risiko für ein lokoregionäres Rezidiv [9].

    „Behandlung“ der Brustdichte
      Nach etwa fünfjähriger Anwendung von Tamoxifen ermittelten Cuzick et al. (2004) bei Frauen, deren Brustdichte ursprünglich mehr als 10% betrug eine im Durchschnitt etwa 8%ige Reduktion der Brustdichte – zusätzlich zur alterssbedingten Abnahme. Der Effekt war bei jüngeren Frauen mit geringem Body Mass Index, die typischerweise eine höhere Brustdichte aufweisen, am stärksten ausgeprägt.

      Über die Fortführung obiger Untersuchung wurde auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium im Dezember 2008 berichtet: Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko, bei denen sich die Brustdichte um 10% reduzierte, senkten damit ihr Brustkrebsrisiko um 50%. Hingegen bestand ohne Abnahme der Brustdichte das gleiche Brustkrebsrisiko wie unter Placebo [10].

      Bei Brustkrebs-Patientinnen, die eine neoadjuvante Chemotherapie erhalten, reduzierte sich die Brustdichte in der kontralateralen Brust signifikant. Der Effekt zeigte sich anhand von Messungen mit quantitativer MRT bereits nach einem oder zwei Zyklen der Behandlung mit Doxorubicin und Cyclophosphamid [11].



      Literatur:
      [1] Brower V, 2010. Breast density gains accep­tance as breast cancer risk factor. J Natl Cancer Inst 102:374-375.
      [2] Ducote JL, Molloi S, 2010. Quantification of breast density with dual energy mammography: an experimental feasibility study. Med Phys 37:793-801.
      [3] Thompson DJ, Leach MO, Kwan-Lim G, et al. 2009. Assessing the usefulness of a novel MRI-based breast density estimation algorithm in a cohort of women at high genetic risk of breast cancer: the UK MARIBS study. Breast Cancer Res 11:R80.
      [4] Boyd NF, Guo H, Martin LJ, et al. 2007. Mammographic density and the risk and detection of breast cancer. N Engl J Med 356:227-236.
      [5] Stone J, Dite GS, Gunasekara A, et al. 2006. The heritability of mammographically dense and nondense breast tissue. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 15:612-617.
      [6] Douglas JA, Roy-Gagnon M-H, Zhou c, et al. 2008. Mammographic breast density – evidence for genetic correlations with established breast cancer risk factors. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 17:3509-3516.
      [7] Cil T, Fishell E, Hanna W, et al. 2009. Mammographic density and the risk of breast cancer recurrence after breast-conserving surgery. Cancer 115:5780-5787.
      [8] Mascarinec G, Woolcott CG, Kolonel LN, 2010. Mammographic density as a predictor of breast cancer outcome. Future Oncol 6:351-354.
      [9] Park CC, Rembert J, Chew K, et al. 2009. High mammographic breast density is independent predictor of local but not distant recurrence after lumpectomy and radiotherapy for invasive breast cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys 73:75-79.
      [10] Cuzick J, Warwick J, Pinney E, et al. 2004. Tamoxifen and breast density in women at increased risk of breast cancer. J Natl Cancer Inst 96:621–628.
      [11] Chen JH, Nie JH, Bahri S, et al. 2010. Decrease in breast density in the contralateral normal breast of patients receiving neoadjuvant chemotherapy: MR imaging evaluation. Radiology 255:44-52.



März 2010

Druckversion (pdf) Autor: rm